Trans-Maghreb

Opernfassung im Auftrag der Bregenzer Festspiele 2014,
>Uraufführung am 21.8.14

corwald

Musik: Peter Herbert
Libretto: Hans Platzgumer mit Ingrid Bertel
Nach der gleichnamigen Novelle von Hans Platzgumer


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> Podcast: Trans-Maghreb auf Ö1 Zeit-Ton

> Lesungsausschnitt :

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Auszug aus dem Libretto :

"
Dutzende Wasserleichen. Aufgeschwemmte, angeschwemmte Menschenkörper am Strand Benghazis. Von Schaulustigen gefilmt.
Verwackelte Amateurbilder gehen um die Welt. Gehen durch die Nachrichtensender. Pixelbilder, die nicht lange halten.
Bald werden sie von neuen Bildern, aktuelleren Leichen von irgendwo auf diesem unserem Planeten verdrängt.
Tot sind sie, ja. Doch wer sind sie? Türkische, russische, österreichische Bauleute?
Vor kurzem waren die in einem Containercamp bei Ras Lanuf stationiert. Das Camp dient heute ostlibyschen Stammesmilizen. Geleert wurde es und verkauft.
Ein montenegrinischer Frachter lief im Nachtdunkel vom Ölhafen Ras Lanufs aus. Nie fand er die Morgensonne, nie sein Ziel.
Ständig sinken Schiffe mit Flüchtlingen in diesen Meeresbreiten. Selten aber sind die Flüchtlinge Europäer, Westler, die den Westen erreichen wollen, ihren Westen.
Österreichische Bautrupps, die in ihrer Heimat vermisst werden. Ein österreichischer Bauträger, Anton Corwald, der unauffindbar bleibt.
Bald hat das blutrote Mittelmeer seine Spuren vom Sand gespült. "

Was der Mensch auch tut, bald ist es, als hätte es ihn nie gegeben -
Tahédags arabische Lieder:
SZENE 1 :
„Mein Lächeln schenkt euch diesen Tag,
Die Mutter nannte mich Tahédag: Da, wo sie ist, fühlt sie sich wohl.
Eine Welt aus Sand, trocken wie der Mond,
aus der die glühenden Finger der Sonne dich vertreiben und der Gibli dich fortscheucht,
als dürfe es Menschen nicht geben - Wo ich bin, fühl ich mich wohl.
Die Sandkörner unter meinen Füßen, immer neu und immer gleich
Der Wind trägt sie fort, ich weiß nicht wohin
Alles immerzu fort
Was der Mensch auch tut, bald ist es, als hätt es ihn nie gegeben.
Wo ich bin, fühl ich mich wohl.“
SZENE 4 :
„Der Wind ging vorüber,
Ich konnt ihn nicht fangen, ich konnt nicht erfahren, wohin er gegangen.
Ich lief und konnt ihn nicht jagen,
Er hätt es gesagt, doch ich konnte nicht fragen.
Des Morgens Strom beginnt im Osten zu steigen,
nimmt als Meer sich den Horizont zu eigen.
Das Himmelszelt ein Lampenschirm, unter dem wir leben,
Bilder und Gestalten sind wir, die an der Sonne vorüberschweben.“
            SZENE 6 :
„Unter meinen Füßen der Sand, immer neu und immer gleich
Darunter das Wasser, du siehst es nicht,
der Große Künstliche Fluss, das Wasser, das Leben, das wir trinken
Das Wasser sagt uns, ich liebe dich,
indem es den süssesten aller Küsse auf unsere Lippen drückt.
Wo es fließt, fühlt der Mensch sich wohl.
Unter meinen Füßen der Sand, vom Wind getragen
Legt sich auf die Gleise zwischen Wüste und Meer
Bald wirst du sie nicht mehr sehen.
Was der Mensch auch tut, bald ist es, als hätt es ihn nie gegeben.
Alles immerzu fort, ich weiß nicht wohin. Wo ich bin, fühl ich mich wohl.“
SZENE 8:
„Über dem Wasser sank der Mond am Himmel,
das Dunkel floss ein, ein blauer Teppich geschmückt mit Goldstickereien.
Untergegangen der Mond, versunken die Sterne im Dunkeln.
Aus der Schale der Nacht rinnt die Zeit.
Unter meinen Füßen der Sand, immer neu und immer gleich.
Und ich – ich schlafe allein.“

> Bregenzer Festspiele
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